Das Märchen von der schlafenden Schönen existiert seit Jahrhunderten in vielen Versionen. Zwei davon haben unsere Vorstellung besonders stark geprägt, nämlich die von Charles Perrault (»La Belle au Bois Dormant« von 1697) und natürlich »Dornröschen« der Gebrüder Grimm (1812). In beiden steht eine verwunschene Prinzessin im Mittelpunkt, deren Schicksal unwiderruflich mit dem ihres schlafenden Reiches verbunden ist und die nur durch einen Königssohn reinen Herzens geweckt werden kann. Es gibt jedoch auch andere, ältere und dunklere Versionen, die recht weit von dieser schönen, sentimentalen und idealisierten Geschichte entfernt sind. In einer katalanischen Novelle aus dem frühen 14. Jahrhundert etwa ist die Handlung weitaus triebhafter, das Tun und Lassen des Märchenprinzen zweifelhafter und zwiespältiger. Das vorliegende Buch bietet beide Seiten derselben Geschichte.
Die verschiedenen Varianten des Märchens, das im deutschsprachigen Raum meist als »Dornröschen« bekannt ist, sind das Thema dieser Graphic Novel aus der Serie »Mythen der Welt«.
Der Mensch ist das einzige bekannte Lebewesen, das Geschichten erzählt. Mythen, Sagen und Legenden prägen und leiten uns, ob als mündliche Überlieferung am Lagerfeuer, als sinnstiftendes Epos für Völker und Nationen oder als postmodern definiertes Narrativ. In »Mythen der Welt« widmen sich der ehemalige französische Bildungsminister Luc Ferry und die Szenaristin Clotilde Bruneau den Ursprüngen jener Geschichten, welche die Zeiten überdauert haben und die uns auch heute noch inspirieren, schockieren und faszinieren. Jeder Band präsentiert eine vollständige Erzählung, die sorgfältig adaptiert und bildschön als Comic umgesetzt wird und deren philosophisches und kulturelles Erbe in einem umfassenden Ergänzungsteil erläutert wird.